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12.07.2015, 15:58
Die untere Rammelsberger Straße um 1910
Für "Goslarer Geschichten" von Heide-Gerda Pohl, Augsburg
Achtung, Fotos Fehlen (noch)

Hier ein Winterfoto, aufgenommen vom Nonnenberg mit Blick auf den Fuß der Doktorbergwiesen.
Der Fußweg in die Stadt war bei Regen matschig, nur gab es noch keine Gummistiefel. Neben der
Fahrbahn verlief noch bis 1957 ein Graben, der als Regenabfluss der Straße diente. Bei der
sogenannten "Kleinen Brücke", einem Eisensteg, war der Grabenübergang. [Zwei steinerne Brücken
existieren noch heute:

1. rechts hinter den Fichten versteckt über die Gose zur Clausthaler Straße;
2. beim Theresienhof über die Abzucht.

Eine andere kleine Eisenbrücke führt beim Theresienhof über die hier noch glasklare Gose über die Clausthaler zum inzwischen zugewachsenen Weinbergstieg. Links das große holzverschalte Alte
Forsthaus (hier der Hinterhof an der Gose), wo sich "die Dienstmädchen" damals beim Tanz unter Kastanien amüsierten. Im Krieg war es Flüchtlingsbehausung, abgerissen um 1947. An dieser Stelle
wurde die langgestreckte Odermark-Baracke gebaut und nach 1957 der Preussag-Bungalow. Der angrenzende helle Schuppen, in dem unsere Mutter Zuckerrübensinıp kochte, gehört zur Nr. 24.
Das helle Häuschen vorne steht direkt an der Gose (im Foto leider nicht sichtbar), ein Handwerkerhaus, Schreinerei. Der schmale Pfad zwischen Forsthaushof und Schreinerhaus ist wichtiger Verbindungsweg
zwischen Rammelsberger und Clausthaler, der Balmhofs-, Kirch-, Steinbergweg und zum Briefkasten. Die sichtbare winzige Eisenbrücke mit 2 Frauen drauf führte über den Gose-Kanal, der war in meiner
Kindheit zugeschüttet. Rechts liegt hinter einem Gartenstück mit Lagerschuppen das vordere Fabrikgebäude der Harzer Wollwarenfabrik von Ernst Matthias, dort wurden anfangs Steppdecken hergestellt,
später Watterollen (Dentalbedarf). Ein Verbindungskeller zum Wohnhaus diente uns 1944/45 bei Fliegeralarm als Bunker. Das sichtbare Fabrikgebäude brannte 1942 ab, wurde Anfang der 50er wieder
aufgebaut und an die Neuapostolische Gemeinde verpachtet. Es ist inzwischen Wohnhaus. Dahinter liegt, nicht sichtbar, Matthias' großer Garten mit Hühnervilla und Kutscher-Häuschen. Das größere alte
Fabrikgebäude liegt rechts außerhalb des Fotos direkt an der Gose. Rechts hinter Bäumen sind einige Gebäude des Theresienhofes vor dem Herzberg zu erkennen.

Das klare Fachwerk des Doppelhauses Nr. 26/28 lässt gut die 3 Stockwerke erkennen. Links als Vorbau das Treppenhaus mit den Unterklos. Im Winkel zwischen Treppen- und Wohnhaus war die Senkgrube.
Sehr spannend: Wie sah damals die Straßen aus? Schräg nach links oben zieht sich die kahle Bruchchaussee zum Blauen Haufen. Darunter die Wiesen am Doktorberg (offiziell Wilhelmshöhe) liegen noch ganz
frei, ohne Haus noch Baum. Die Hangseite wurde erst während der Bergwerkgestaltung vor 1938 mit Siedlungshäusem von Bergleuten zu einer richtigen Straße mit 2 Fußwegen und einem langen Abflussgraben
umgebaut und diese mit Betonplatten belegt. Die Siedlungs-Bergfamilien mussten nach der Kapitulation britische Offiziere aufnehmen. Die Rammelsberger Strasse zeigt sich auf dem Foto als ungepflastert
matschige Landstraße mit unbefestigtem Fußweg (wie die Stichstraße zum Theresienhof), befahren nur von Erztransport- und Langholzfuhrwerken (noch keine Loren-Gleise nach Oker). Emst Matthias baute also in
eine isolierte, unwirtliche Gegend weitaußerhalb der Stadttore und der "besseren Gesellschaft", wo alles ländlich billig war und eigentlich niemand wohnen wollte.