Die Post in Hahnenklee von Hermann Behrens
Die Post in Hahnenklee-Bockswiese
Bei den Aufzeichnungen (= im Besitz des Verfassers) von Hermann Behrens (Hahnenklee-Bockswiese) über die Geschichte seines Heimatortes „Werdegang der Kurortgemeinde von der Berg- und Waldarbeitersiedlung zum Kurort“ finden sich in einem Kapitel auch Darstellungen über „Die Post in Hahnenklee-Bockswiese“.
Seine historischen Forschungen betrieb Hermann Behrens nur als Hobby, ansonsten war er zuletzt Fernmeldewart der Reichs-/Bundespost. Seine Kenntnisse von historischen Fakten beruhten auf gründlichen und in die Tiefe gehenden Quellenforschungen. Über alle gewonnenen Daten machte der Schreiber sich peinlich genaue Notizen.
So war es auch möglich, bei dem gewählten Thema über die Post manch’ interessante Einzelheit aus der Vergangenheit zu erzählen und zu Papier zu bringen, über die wir Heutigen nur erstaunt und ungläubig schmunzeln können.
Festzuhalten bleibt noch, dass Hermann Behrens’ Zeilen sich sowohl auf die Postzustellung in der Vergangenheit in den oberharzer Orten und anderer posttypischer Dienste wie Telefonieren per Handvermittlung sowie Telegrafieren als auch die wechselvolle Geschichte und das damit verbundene des Postgebäudes darstellen werden.
Die Darstellung dieses Kapitels der örtlichen Geschichte geschah solange, bis dem Verfasser altersbedingt „die ‚Feder’ aus der Hand genommen wurde“. Doch hören wir, was er selbst zu berichten weiß; teilweise hat er das eine oder andere selbst erlebt. Der Text soll ungekürzt wiedergegeben werden. Lediglich abweichende Rechtschreibregeln sind der heutigen Norm angepasst worden.
>Bis 1868 hatte Hahnenklee-Bockswiese keinerlei direkte Postverbindung. Die Postsachen – meistens nur ab und zu mal ein Brief – gingen mit der Pferdepost, die von Goslar nach (Clausthal)-Zellerfeld, gewöhnlich mit 3-4 Pferden bespannt, gleichzeitig auch Personen beförderte.
Dort wurden dann die Briefe zu demjenigen Kaufmann gebracht, dessen Kunde der Briefempfänger war. Dort blieb der Brief so lange liegen, bis der Empfänger zum Einholen von Lebensmitteln zum Kaufmann kam.
Ab 1868/69 kam dann zweimal in der Woche – und zwar dienstags und freitags-
Ein Postbote von Zellerfeld nach Hahnenklee-Bockswiese und brachte die Briefe. Gleichzeitig wurde ein Briefkasten an das damalige Liebetraut’sche Haus (= jetzt „Haus ‚Zur Wiederkehr’) angebracht, sodass der Postbote die Briefe von Hahnenklee mitnehmen konnte. Briefsachen von Bockswiese nahm er vom Zechenhaus (heute Hotel ‚Glück Auf’), welche dort abgegeben wurden, mit.
Einige Jahre später kam dann ein Postbote täglich von Lautenthal herauf, der aber außerdem täglich nach Seesen musste. Die Postsachen nach Seesen und zurück beförderte der Postbote mit einem Hundegespann.
1874 bis 1877 wurde die Eisenbahnstrecke Goslar-Langelsheim-Lautenthal-Wildemann-Clausthal-Zellerfeld gebaut. Von dieser Zeit an kam dann die Post täglich von Lautenthal. Der Postbote nahm vorwiegend die Briefpost und auch einen kleinen Teil der Pakete mit und trug dann in Hahnenklee-Bockswiese die Post auch aus.. Fielen mehr Pakete an, so wurden diese von Botenfrauen mit der Kiepe nach Hahnenklee-Bockswiese getragen.
Im Jahre1889 wurde in Hahnenklee selbst eine Posthilfsstelle eingerichtet und von dem Kaufmann Hermann Keller im heutigen „Haus Nowatzki“ verwaltet. Am 1. Juni 1891 erhielt die Posthilfsstelle die erste Fernsprechverbindung nach Lautenthal, einen sogenannten SB Anschluss (SB heißt Sammel-Betrieb). In dieser Leitung waren mehrere Poststellen – jede mit besonderem Rufzeichen – eingeschaltet (=1927 aufgehoben).
Am 1. Mai 1892 wurde die Posthilfsstelle in eine Postagentur umgewandelt und durch Kaufmann C. W. Frick – später durch die Frau des Kaufmanns Nowatzki, geb. Keller – verwaltet.
Als der Fremdenverkehr stark zunahm, wurde die Postagentur am 18. Juni 1898 zu einem Postamt III erhoben und zwei Postboten – Karl Heine und Wilhelm Schulz – für Hahnenklee-Bockswiese eingestellt. Zur Abwicklung des Telegrammverkehrs wurde eine Telegrafenleitung nach Lautenthal verlegt. Gleichzeitig wurde eine Personenpost mit Pferde-Omnibussen eingerichtet, welche in den Sommermonaten täglich zweimal, später auch viermal die Verbindung mit Goslar herstellte. Im Winter verkehrte der Pferde-Omnibus täglich nur einmal. An Postsachen beförderte er dann nur Pakete. Briefpost und Zeitungen wurden von Lautenthal jeden Morgen von einem Postboten heraufgebracht. (Ich selbst habe in den Kriegsjahren 1916/17 die Post täglich nach Hahnenklee getragen). Diese Arbeit war oft sehr mühselig, zumal bei hohem Schnee. Die Postsachen hatten immer ein Gewicht von 30 bis 35 kg. Bis 35 kg musste mitgenommen werden. Diese Beförderung wurde bis 1925 beibehalten.
Am 1. April 1909 wurde seitens der Firma Büssing aus Braunschweig die erste Auto-Busverbindung von Goslar nach Hahnenklee-Bockswiese eröffnet. Die Beförderung der Post wurde mit übernommen. Die Kraftomnibusse verkehrten aber nur bis zum 1. Oktober; im Winter wurde der Postbetrieb wie oben durchgeführt.
Ab 1925 führte die Post den Verkehr mit eigenen Bussen in eigener Regie durch. Aller Post- und Personenverkehr wurde nur noch von Goslar aus wahrgenommen, auch im Winter.-
Das erste Postamt befand sich bis 1913 im Hause des Kaufmanns A. Nowatzki in der unteren Hauptstraße. Ab 1913 wurde die Post in dem von W. Niehaus neu erbauten Hause auf der Rathausstraße 5 untergebracht (= wo sie sich noch heute befindet). Zugleich wurde auch eine Wählervermittlung mit 50 Anschlüssen, der ersten im Bezirk Braunschweig, mit eingebaut. Zwischenzeitlich waren schon einige Telefonanschlüsse (10) von den Handvermittlungen in Lautenthal und Goslar hergestellt. Durch den zunehmenden Fremdenverkehr wurde die Wählvermittlung bald zu klein und musste auf 100 Anschlusseinheiten verstärkt werden.
Der immer stärker werdende Fernsprechverkehr machte dann die Vergrößerung der Fernsprechvermittlung nötig. Im Jahre 1927 wurde dann in Hahnenklee eine größere Wählvermittlung eingebaut, nach Lautenthal ein 100-paariges Kabel und die Handvermittlung aufgehoben. Die Telegrafenleitungen und die Fernsprechleitungen nach Lautenthal wurden abgebrochen, die Zubringerleitungen und der Fernverkehr zum Fernamt nach Goslar verlegt.
1956 wurde der Selbstwählferndienst eingerichtet. 1957/58 wurde schon wieder eine Erweiterung des Wählamtes erforderlich und die Anschlusseinheiten auf 700 verstärkt, 1978 auf 1000 Einheiten. (Von 1913 – 1918 befand sich in den Räumen, wo sich bis 1973 das VStw (=VermittlungsStelle des Wählamtes) war und heute die Wirtschaftsräume des Übernachtungsheimes sind, die Kurverwaltung und in der Veranda der Lesesaal.)
Auch der Postdienst nahm an Umfang sehr stark zu. Ab 1910 wurde bis in die 20er-Jahre in den Sommermonaten von Mai bis Oktober in Bockswiese eine Postagentur mit 3 Kräften unterhalten, um den Verkehr zu bewältigen. Später wurde nach Erweiterung der Posträume in Hahnenklee die Brief- und Paketzustellung von Hahnenklee durchgeführt.
Durch die starke Entwicklung des Selbstwählferndienstes und infolge der Zunahme des Fernsprechverkehrs wurden die Amtseinrichtungen des Wählbetriebes zu klein. Es wurde daher 1968 diese Einrichtungen des Wählbetriebes stark erweitert: In Lautenthal wurde ein modernes Wählunteramt erbaut, um die Amtseinrichtungen im Vollamt Hahnenklee zu entlasten.
Die durch dieses Amt in Lautenthal frei gewordenen Anschlusseinheiten wurden für Hahnenklee-Bockswiese nutzbar gemacht. Somit können auf längere Sicht wieder Neu-Anschlüsse hergestellt werden.
In dem Postgebäude selbst wurde 1963 ein Postübernachtungsheim eingerichtet. Das Gebäude war am 25. 02. 1927 von dem Erbauer käuflich erworben. Die Räume, welche nicht für postalische Zwecke genutzt wurden, dienten mannigfaltigen Zwecken: Bis 1927 als Fremdenheim des Besitzers, ab 1927 befand sich darin eine Schule (Internat). Ab 1941 wurden die Räume mit Flüchtlingen von Postangehörigen belegt. 1965 wurden dann die Räume für das Postübernachtungsheim eingerichtet, 1967/68 erweitert und modern ausgestaltet.
Die Diensträume wurden gleichzeitig nach modernen Gesichtspunkten umgebaut.<