Der Rammelsberg nach dem Krieg, bis zur Stilllegung

Am 10. April 1945 marschierten in Goslar alliierte Truppen ein und besiegelten auch in der Kaiserstadt das Ende des Dritten Reiches. Im Erzbergwerk wurde sofort der Grubenbetrieb eingestellt, lediglich eine kleine Notbelegschaft aus wenigen Mitarbeiten erledigte unverzichtbare Arbeiten zur Erhaltung des Betriebes.

Nur zwei Monate im später, im Juni 1945 wurde nach intensiven Bemühungen der Werksleitung, die Wiederaufnahme des Betriebes durch die Alliierten genehmigt. Mit einer stark reduzierten Belegschaft von nur ca. 420 Mann wurde der Betrieb wieder aufgenommen. Durch die Rückkehr der zum Krieg eingezogenen Bergleute stieg die Zahl der Belegschaftsmitglieder bis zum Jahresende wieder auf 600 Beschäftigte an.

1947 war das Erzbergwerk wieder Brötchengeber für 850 Mitarbeiter.


Rammelsbergschacht zur "Blauen Stunde"

Bis 1948 war die Versorgung der Belegschaft mit Nahrung und Kleidung mehr als un-genügend. Auch die Versorgung des Bergwerks mit Ersatzteilen und Betriebsmitteln war äußerst schwierig. Mit der Währungsreform lösten sich die Probleme dann allmählich. Die Jahresförderung betrug nur knapp 100.000 Tonnen.

Nach und nach erholte sich der Betrieb und man erreichte mit 974 Mitarbeitern fast den Personalstand der Vorkriegszeit. Das einsetzende Wirtschaftswunder ließ die Metallpreise kräftig steigen, ebenso die Förderung am Rammelsberg. 1951 betrug die Jahresförderung schon 191.000 Tonnen.

Durch die die hohen Metallpreise konnte man nun auch das Banderz, welches einen geringeren Metallgehalt aufwies als das reichere Lagererz, fördern. Die Banderze ließen sich jedoch nicht gemeinsam mit dem Lagererz aufbereiten. So entschloss man sich eine Armerzaufbereitung zu bauen.

Für die Planung war, wie schon bei den Tagesanlagen am Rammelsberg, Architekt Fritz Schupp verantwortlich, der für seine herausragende Zechen- und Industrie-architektur bekannt ist. Nach nur 11 Monaten Bau¬zeit wurde 1953 die Banderzauf-bereitung am Bollrich fertig gestellt. Die Jahresproduktion stieg 1955 auf satte 316.000 Tonnen an.


Armerzaufbereitung am Bollrich


Wirtschaftswunder und die insgesamt günstige Entwicklung ließen auch die Löhne deutlich steigen. Lag der Schichtverdienst 1950 noch bei 10,50 DM, so waren es 1956 schon 16,50 DM.

Die Metallpreise sanken wieder und man nahm 1956 die Förderung etwas zurück um die Reicherzvorräte zu schonen. Die Förderung betrug planmäßig 301.500 Tonnen. Nur ein Jahr später wurde die Förderung wieder angehoben. Die Mitarbeiterzahl betrug 1.081 Beschäftige Unter- und Übertage. Von 1958 bis 1964 erreichte das Erzbergwerk Rammelsberg mit durchschnittlichen Jahresförderungen von ca. 320.000 Tonnen die höchsten Produktionszahlen seiner Geschichte.

Die Goslarsche Zeitung berichtete in ihrer Sonderausgabe vom 07. Juni 1968, zum
1.000-Jährigen Jubiläum, von 800 Tonne Erz pro Mann und einer Gesamtförderung im Vorjahr von 280.000 Tonnen. Zum Jubiläum gab es ein umfangreiches Festprogramm, unter anderem wurde am Freitag um 17:00 Uhr, des Jubiläumswochenendes, das von der Preussag gestiftete Glockenspiel auf dem Marktplatz eingeweiht.

Mit etwa 600 Belegschaftsmitgliedern wurden 1973 ca. 300.000 Tonnen Roherz gefördert.

Ab 1974 sank der Weltmarktpreis für Zink rapide, das führte dazu, dass der Preis für Zink 1978 um 34% geringer war als 1977. Am Rammelsberg kam es zu Kurzarbeit! Zwischen März und Oktober 1978 ruhte der Grubenbetrieb an 53 Tagen. Lag die Förderung im Vorjahr noch bei 273.000 Tonnen erreichte man im Krisenjahr nur noch eine Jahresförderung von 210.000 Tonnen. (16,0 Tonnen pro Mann und Schicht)


Die heutigen Tagesanlagen aus ungewohnter Perspektive

Die Krise war jedoch nicht von langer Dauer. 1979 stiegen die Preise insbesondere für Blei und Silber und Zink wieder erheblich an. Die Krise aus dem Vorjahr hinterließ so keine Spuren für die weitere Entwicklung am Rammelsberg. Diese positive Entwicklung hielt sich bis 1985.

Langsam zeichnete sich nicht nur die Erschöpfung der Lagerstätte ab sondern auch ein erneuter Preisverfall für NE-Metalle. Die Einstellung des Betriebes wurde für den 31.12.1988 vorgesehen. 1986 verschlechterten sich die Metallpreise nochmals, das Erzbergwerk Rammelsberg geriet wirtschaftlich in die Verlustzone. Die Armerzaufbereitung am Bollrich wurde am 26.Juni 1987 stillgelegt, der Termin für die Schließung des Rammelsberges vorgezogen.

In den letzten Monaten vor der Schließung kam es überraschend zu einer erheblichen Erholung des Zinkpreises, so konnte der Rammelsberg zu seiner Schließung noch mal ein positives Betriebsergebnis erwirtschaften.

1992 wurde das ehemalige Erzbergwerk Rammelsberg als erstes technisches Denkmal in Deutschland zum UNESCO-Weltkulturerbe der Menschheit erhoben.

Über 20 Jahre nach der Schließung des Rammelsberges beschäftigt Erz aus Goslar wieder die Medien und erhitzt die Gemüter der Bürger. Scandinavian Highlands, ein dänisches Montanunternehmen unternimmt Tiefbohrungen im Gosetal. Man vermutet einen Rammelsbergzwilling …

Text und Fotos A. Caputo