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† 05.04.2014
Birkenkopf
Die verwunschene Geschichte des Birkenkopfes im Okertal - ein Kapitel Hahndorfer Geschichte ?
Der Birkenkopf zählt trotz seines sprechenden Namens sicherlich nicht zu den auffälligen, allgemein bekannten Bergen des Harzes. Vorbeifahrende schenkten dieser Bergkuppe im Okertal unweit Romkerhalle knapp einen Kilometer talaufwärts wenig Beachtung, kaum mehr der benachbarten Rabenklippe, einst auch Wildenstein genannt; eine Bezeichnung, die dann für einen anderen Ort "ausgeliehen" wurde. Und doch ist der Unscheinbare mehr als eine schlummernde abgängige Stätte der Geschichte. Verschiedene Quellen in Urkunden und Schriften wissen Interessantes über ihn und seine unmittelbare Umgebung zu berichten. Dabei tun sich neue Zusammenhänge auf. Darüber soll im Nachfolgenden berichtet werden und die daraus sich ergebenden Schlüsse.
Dieser allseitig freistehende, kleine, felsige Waldkegel, durch einen breiten Sattel mit der massigen Waldflanke des Eichenberges verbunden, gehört in die lange Kette der Plätze der Okertalburgen, die enger oder weiter mit der Geschichte der Stadt Goslar und ihrem Vorland verbunden sind (1). Geologisch gesehen, hat er einst zum Ahrensberg gehört und bildete den Umlaufberg für eines der bekanntesten Umlauftäler einer heute trockenen Okerschlinge (2).
Selbstverständlich mußte eine so beschaffene, isolierte Kuppe zur Anlage einer Burg herausfordern. Auf dem Gipfel finden sich auch unzweideutige Spuren: Unterhalb der Felsspitze ist der Gipfel gegen SO abgetragen und als Plattform geebnet. Nach NW ist,etwas tiefer, eine künstliche Terrasse mit Wall vorgelegt. Die Bodenuntersuchungsergebnisse, in einen Grundriß übertragen, lassen erkennen, daß es hier einen über eine längere Zeit befestigten Platz gegeben hat, der nicht nur sporadisch, etwa als Jagdhaus, bewohnt wurde (3).
Ob ein in Goslar ansässig gewesenes Reichsministerialengeschlecht, das uns später noch einmal begegnen wird und das in der einstigen Reichsstadt am Fuße des Rammelsberges zeitweilig das Amt des Reichsvogtes bekleidete, als Erbauer der Birkenburg gelten kann, die diese dann Wildenstein nannten, errichtet zum Schutzes ihres Besitzes, ihrer Lehnsgüter inder alten Reichsforst im Okertal (4), mag dahingestellt werden. Ganz sicher sind sie, die sie zum adligen Patriziat der Reichsstadt Goslar gehörten und aufgrund ihres nicht unerheblichen Besitzes einigen politischen Einfluß in unserem Raum vom 11. bis 13. Jahrhundert ausübten (5), Besitzer nicht nur des Burgplatzes (6) gewesen.
Zum Besitz gehörten neben der "Borgstede" (= zur Verwaltung der Liegenschaften), die zugleich Amts-, Herren- und Jagdhaus war, einige umliegende Waldgebiete. Mindestens das Birkental, das Tal der Sülpke und das Düstere Tal (7) müssen dazugerechnet werden.
Die Herren von Wildenstein können aber auch an ihrem Haus hoch über dem Okertal auf dem Birkenkopf nicht lange Freude gehabt haben. Mit zuendegehender Kaiserpracht und erstarkendem Bürgertum zwingt der Rat der Stadt Goslar im Jahre 1288 den damaligen Besitzer Burchard von Wildenstein, den Sohn des 1250 verstorbenen Reichsvogtes Giselbert de Goslaria, "den Wildenstein ab und gänzlich einzureißen und kein Schloß hinfürder in seinen Lehnhölzern zu bauen" (.
Die Macht der Stadt gegenüber alteingesessenen Adelsgeschlechtern muß trotz deren Reichtum doch schon groß gewesen sein. Immerhin erwirbt der Rat der Stadt 1290 die Vogteirechte.Damit wird Goslar "Kaiserlich Freie Reichsstadt". Der genannte Burchard von Wildenstein hat uns in seinem Siegel von 1293 (9) zumindest ein symbolisches Bild "seiner" Burg überliefert: Vor einer mächtigen vielzackigen Felengruppe als Zeichen für den Wildenstein = Rabenklippe steht die Burg mit links und rechts hoch aufragenden, furchtein-flößenden Türmen, zinnenbewehrt und mit einem zweiflügeligen offenen Tor in der Mitte, in das hinein ein Wappenschild gestellt ist, auf das weiter unten noch einmal zurückzukommen sein wird.
Als das Burgherrengeschlecht Mitte des 14. Jahrhunderts aus dem Blickfeld der Geschichte unseres Raumes verschwindet, bleiben Grund und Boden bei der Stadt Goslar bis zur gewaltsamen Annexion (= Riechenberger Vertrag) durch den Welfenherzog Heinrich d.J. im Jahre 1552 (10). In diesem Zusammenhang ist sicherlich auch der über 400 jahre alte Bergahorn am Ende des Düstern Tales einzuordnen. Bei ihm spricht vieles dafür, daß er gezielt als lebendige und die Zeiten überdauernde Erinnerung an eine vorgenommene Grenzziehung gepflanzt wurde (11).
Die Wildensteinsche Holzmark im Okertal ist auch nach dem Aussterben der Besitzer mehrfach Gegenstand von Beschreibungen (12). Und in dem klassischen Forstabriß von 1680 nimmt die vergessene Burg mit ihrem unmittelbaren Umfeld noch einmal greifbare Gestalt an, wenn es dort heißt "Zweene kleine wüste Fischteiche oder Hälter finden sich unten am Birkenthale bey dem Hügel uff welchem ehemals ein Hauß soll gestanden haben, welches die Birkenburg ist genennet worden, wie lang es aber sey, daß solches bewohnet gewesen, weiß man nicht. Eß soll auch wie berichtet wirdt von etzlichen >Vits Ämbtigen< (= "Sankt Veits Amtshaus", Anm. d. Verf.) sein genennet worden". (13)
Zu diesem Zitat sind einige erläuternde Anmerkungen notwendig. Zum einen: Sollte auf diesem Umwege "von etzlichen" die Richtigkeit eines in Abrede gestellten oder in Vergessenheit geratenen Rechtstitels über Besitz oder Nutzung bekräftigt und untermauert werden? Weiter: Der heilige Vitus genoß schon früh im Goslarer Gebiet besondere Verehrung. Vitus/Veit gilt als Schutzheiliger des Klosters Corvey an der Weser bei Höxter. Und der Corveyer Mönch Widukind hat in seiner Geschichte der Sachsen als erster über den Goslarer Bergbau ausführlich und die Bedeutung desselben für das Reich unterstreichend berichtet.
Das Bestehen einer Sankt-Vitus-Bruderschaft ist für Goslar bereits zu Beginn des 12. Jahrhunderts anzunehmen. Bekannt sind aus der Goslarer Geschichte das Vititor und die St.Viti-Kapelle. Die räumliche Nachbarschaft beider zu Kloster und Kirche Neuwerk, gestiftet von einem Mitglied der Familie, die auch einst mindestens zeitweilig auf der Birkenburg saß, läßt den Gedanken nicht abwegig erscheinen, daß die reiche Stifterfamilie der erwähnten Bruderschaft eine Dotation hat zukommen lassen, etwa in der Nutzung der beiden Fischteiche, weil vielleicht einer der ihrigen dieser Bruderschaft sich angeschlossen hatte.
Ein anderer Aspekt hinsichtlich der Birkenburg und ihrer Lage hat offensichtlich bislang nicht die entsprechende Berücksichtigung bzw. Würdigung gefunden; zumindest ist dazu in der bekannten Literatur und in den Quellen kein diesbezüglicher konkreter und gezielter Hinweis zu finden.
Die Birkenburg hat sich, ob nun während ihrer Existenz oder später als verfallene, nicht mehr genutzte Burgtätte, stets in Grenznähe befunden (14).Die Grenzlage bestand über eine lange Zeit zum Amt Harzburg, dessen Gebiet unmittelbar östlich der Oker begann. Am Ende des 18. Jahrhunderts fand eine Neuordnung der welfischen Fürsten statt (15). Das Amt Harzburg verlor große Teile seines südlichen, im Harz gelegenen Bereichs, erhielt aber einen kleinen, über die Oker nach Westen hinausreichenden Zipfel mit der Birkenburg. Diese lag nun wieder in Grenznähe, dieses Mal zum Amt Harzburg gehörend und unmittelbar an dessen Südgrenze.
Der genannte Zipfel, westlich der Oker von Romkerhalle aus sich ungefähr 2,5 km ausdehnend und Teile des Naturschutzgebietes Kahberg umfassend, hatte etwa folgenden Grenzverlauf: Im Norden vom Okertal her durch das Düstere Tal hinauf bis auf den Eichenberg (16), nach einer 'Spitzkehre' weiter westwärts verlaufend bis zur Höhe Dicker Kopf, abknickend nach Süden zum Tal der Steilen Bramke, später weiter im Tal der Gr.Bramke, bis diese ihren Lauf nach Süden abknickt, über einen Sattel hinweg in das Gr.Birkental und diesem folgend bis zu seiner Einmündung in das Okertal unterhalb des Birkenkopfes. Das Sülpketal, auf das später in einem anderen Zusammenhang noch einmal einzugehen sein wird, erhält so in diesem Gebiet eine zentrale Lage.
Noch unbeantwortet bleiben muß die Frage, ob mit dieser Ausweitung des Amtes Harzburg nach Westen ihm das >Hoheitsgebiet< der erwähnten Birkenburg zugeschlagen wurde. Die zitierte Abgrenzung der westlichen Ausdehnung ist sicherlich nicht zufällig so geschnitten. Vieles spricht dafür, daß damit zumindest große Teile der "wildenstein'schen Holzmark“ umfaßt sind. -
Bei den bislang rund um die im Dunkel der Vergangenheit versunkenen Birkenburg im Okertal, deren einstige Besitzer namentlich bekannt sind und von deren wechselhaftem Schicksal die wenigen überlieferten Quellen berichten, angesprochenen verschiedenen Überlegungen tut sich auch geradezu zwangsläufig die Frage auf, ob sie denn völlig für sich allein dort über dem Flußlauf der Oker stand. Wenn sie denn nun, was ja nicht bestreitbar zu sein scheint, mindestens zeitweilig in einem nach Jahren zählenden Zeitraum bewohnt war, vielleicht sogar ganzjährig, wer versorgte dann die 'niederen' Dienste, die in einem Hausstand nun einmal zu erledigen waren? Der adlige Burgherr oder sein Amtmann selbst wohl kaum. Woher aber das notwendige Personal nehmen? Gab es etwa eine wenn auch noch so kleine Ansiedlung in der Nachbarschaft, im Schutze der Burg, aus der die Dienerschaft kam, da die winzige Burg nicht genug Raum bot? Lassen sich Spuren oder Hinweise finden? Verschüttete oder fast vergessene Flur- bzw. Forstnamen können da weiterhelfen. Sie verbergen oft Unter-gegangenes.
Eine alte Urkunde (17) berichtet von einer Grenzbesichtigung und -neufestlegung unter Zeugen am 18. August 1528, einem Dienstag nach Mariä Himmelfahrt. Die Beteiligten sind die betreffende Grenzlinie in voller Länge abgelaufen. Der Weg führte immerhin vom Kellerhals bei Zellerfeld bis zur Okerbrücke unterhalb des Hahnenberges. Von der Stadt Goslar hatten die Ratsmitglieder Hans Arndesberch Anders und Besecke Hinrich Tilling sowie als Bürger Wernecke Zihen teilgenommen. Im Protokolltext dieser Bereisung wird auch das Gebiet rund um den Birkenkopf und seine einstige Burgstelle angesprochen. Die Teilnahme der Zeugen aus der Stadt Goslar macht deutlich, wie weit damals die städtischen Interessen reichten.
Von besonderer Bedeutung im Zusammenhang mit der Frage nach einer Siedlung für das Dienstpersonal der Birkenburg ist in dem Text ein ganz bestimmter Satz, der aufhorchen läßt. Er sei hier wörtlich wiedergegeben: "Den Eichenberch nedder wenten up dat HANEDORP von dem HANDORPE dat Berckendaal nedder wenten an den Wildenstein von dem Wildenstein de Oucker nedder". Die zitierte Ortsbeschreibung ist recht genau und läßt sich ohne Schwierigkeiten in heutige kartografische Zusammenhänge übertragen. Vom Birkental und Eichenberg ist die Rede. Beide befanden und befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft des Birkenkopfes, der einst die Burg Wildenstein trug.
Aufhorchen läßt jedoch eine Ortsbeschreibung der zu festigenden Grenzlinie, die "dat HANDORP genannt wird. Der Name "HANDORP" weist eigentlich unmißverständlich und auch unbestreitbar auf eine im Vergleich zu anderen Ortschaften hochgelegene Siedlung mit einem dorfähnlichen Charakter hin. Eine genauere Lokalisierung als die durch den Urkundentext ist nicht möglich. Die Vermutung, daß es sich um einen sonst unbekannten Forstort im Eichenberg handele, den man bei der Höhe 633.0 des Meßtischblattes (1 annehmen könne, dort, wo heute eine Köte, eine Wanderschutzhütte stehe, ist sehr vage und fragwürdig. Gegen die Annahme, daß die zitierte Höhe der Platz des Forstortes HANDORP sei, spricht unter anderem auch die Angabe einer Karte von 1543 (19), die "HANDORFF" zwischen Eichenberg und "Solbecke" ausweist.
Die erwähnte "Solbecke" ist identisch mit dem heutigen "Sülpketal", das nördlich des Romkerhaller Wasserfalles von Westen kommend steil abfallend mit einem Wasserlauf in das Okertal einmündet. Die ursprüngliche Bezeichnung des Wasserlaufes ist im Abschliff des Sprachgebrauchs über die Zeiten stark zusammengeschmolzen. Andere Schreibweisen wie "sulbeck", "sülpkenbach" oder "Im Sülpeke" (20) stützen das Gesagte. Die Erklärung des Namens ist leicht. "Becke" ist nichts anderes als der "Beek" = "Bach". Und "Sol" oder "Sül" mag einen sprachlicher Hinweis darauf geben. daß im Verlauf dieses Fließwassers Stellen vorhanden waren, an und in denen sich das Wild möglicherweise gesuhlt haben mag. (20a)
Immerhin erlaubt der Kartenhinweis "Solbecke" eine andere Annahme der Lage des genannten "HANDORP": Im Bereich des Eichenberges gibt es auch eine auf dem Meßtischblatt angegebene Höhe 622.0 über den Kappen des Düsteren Tales und des Sülpketales. Hier entlang führte auch die wegemäßige Anbindung der Birkenburg an die Stadt Goslar, die sich, als "Fischsteig" beim heutigen Romkerhalle am Okerufer beginnend, im südlichen Hang des Sülpketales unter den Rabenklippen aufwärts gegen den Eichenberg hinzog, dessen Kamm nach dem Düstern Tal überschritt (21), um dort sich möglicherweise in dem zwischen Brautstein und Drecktalskopf entlanggehenden und weiter nach Norden parallel zum Gelmketal als Hangweg verlaufenden "Kaiserweg" fortzusetzen.
Damit ist aber noch keine Antwort auf die Frage gefunden worden, wie es letztendlich zu der Ortsbenennung "HANDORP" in den Wäldern oberhalb des Okertales gekommen ist, ob es möglicherweise zwischen diesem als Forstort übriggebliebenen und dem urkundlich seit dem 12. Jahrhundert bekannten und nördlich von Goslar gelegenen "HANDORP" eine Querverbindung gibt. Die völlige Namensidentität scheint zuviel Zufälligkeit zu sein. Deshalb soll einem anderen Gedanken nachgegangen werden, wenn er auch im ersten Moment unge-
wöhnlich erscheint.
Erinnert sei noch einmal an das Wappenschild im offenen Burgtor des Siegelbildes. Darauf abgebildet ist das Wappen der Ahnen: Der das Schild halbierende, mitunter leicht geschwungen dargestellte Querbalken. Die einfache Form des Wappenbildes ist ein Hinweis auf ein hohes Alter des Geschlechts. Aber dieses Geschlecht hieß eben nicht ursprünglich "von Wildenstein"; so hatte Burchard sich erst seit 1261 genannt, oder "de Goslaria" wie Burchards Vater Giselbert. Namensveränderungen kamen damals vor, geschahen entweder aus pragmatischen Gründen der Anpassung an veränderte politische Bedingungen oder waren der Versuch, Rechts- bzw. Herrschaftsansprüche zu dokumentieren.
Im vorliegenden Falle des Burchard von Wildenstein und seiner Burg auf dem Birkenkopf war dem wenig Erfolg beschieden, vielleicht auch deshalb, weil er zwar die überkommene Reputation der Ahnen als mittelalterliches Ministralengeschlecht mit dem Wappenschild im Siegel für sein Ansinnen in Anspruch nehmen wollte, den alten ehrwürdigen und ruhmreichen Namen wie sein Vater aber nicht mehr tragen mochte.
Doch das Wappen im Siegel verrät bei ihm ebenso die wirkliche Herkunft wie das Wappen auf dem Grabstein des Stifters der Neuwerkkirche: Beide gehörten - obwohl in ihren Leben durch ein Jahrhundert voneinander getrennt - der Familie "von Stapel(e)n" an! Diese hatte ursprünglich den an der Kreuzung zweier alter Handels- und Reisestraßen auf halbem Wege zwischen Jerstedt und Hahndorf gelegenen und mit einem Burgfried versehenen Herrenhof mit der dazugehörenden Siedlung als Besitz und Eigentum. Dazu gehörten ausgedehnte landwirtschaftliche Flächen, die heute zu den Feldmarken der beiden genannten benachbarten Ortschaften Jerstedt und Hahndorf gehören; Flurnamen und Feldmarkgrenzen geben dazu Auskunft. Die Familie durfte als reich begütert angesehen werden.
Später nahm sie aus reichspolitischen Überlegungen ihren Wohnsitz in unmittelbarer Nachbarschaft der neu errichteten Kaiserpfalz Goslar und hatte dort die erste Kurie inne, was nochmals die damalige Bedeutung dieser Familie deutlich macht. Die Goslarer Pfalz hatte nämlich inzwischen nur wenige Jahrzehnte nach der Jahrtausendwende in der öffentlichen Bedeutung und Rangstellung die Nachfolge der Pfalz Werla angetreten, Auswirkung des mächtig und gewinnträchtig begonnen habenden Silbererzbergbau am Rammelsberg. Die Reichsministralen derer "von Stapeln" waren so ritterliche Bürger einer der damals bedeutendsten Städte des Reiches geworden. Nicht zu Unrecht war ihnen wiederholt das Amt des Reichsvogtes, also des Statthalters des Kaisers übertragen worden.
Eines ihrer Mitglieder, der am Goslarer Domstift Subdiacon gewesene Peter, beschenkte bei der Gründung des Klosters Riechenberg zu Beginn des 12. Jahrhunderts dieses mit zwei Hufen (= 2 Hofstellen à 30 Morgen) aus "seinem" Dorf Hahndorf (22). War es am Ende gar so, daß Burchard, als er für seine im Nachherein zwar als "winzig" zu bezeichnende Burg im Okertal Dienstleute benötigte, auf seiner Familie oder gar ihm frondienstpflichtige Einwohner des Harzvorlandortes in der Nachbarschaft des Familienbesitzes Stapel(e)n zurückgriff, diese dann für die in der Nähe der ritterlichen Behausung auf dem Birkenkopf entstandene weilerähnliche Siedlung den Ortsnamen einfach "mitgenommen" hatten?
Endgültig und abschließend läßt sich diese Frage wohl nicht beantworten. Aber einiges spricht für die getroffene Aussage. Während die Ansiedlung nach dem erzwungenen Abriß der "Burg" wieder aufgegeben wurde, blieb der Name zurück und als Forstortbezeichnung haften, galt Generationen später als noch allgemein bekannt, daß er Merkpunkt einer Grenzlinie sein konnte.
Damit schließt sich der Kreis. Die Herren auf der Birkenburg über dem Okertal "verraten" sich durch ihr Siegelbild als Abkömmlinge, als Nachfahren derer von Stapeln vom Stapelhof an der Kreuzung zweier vielbenutzter "Straßen" im Harzvorland.
Bei Grenzauseinandersetzungen der Stadt Goslar hat der Platz dieser Burg Wildenstein wiederholt eine Rolle gespielt wegen seiner Randlage. Zugehörig zur befestigten Anlage auf dem Birkenkopf hat es offensichtlich eine Waldsiedlung für die Dienstleute des adligen Herren gegeben, die nur in einem Forstortsnamen überlebte, ansonsten aus der Erinnerung der Historie verschwand.
Und damit ist letztlich - wenn man so will - nach der vorangegangenen Darstellung der Zusammenhänge aus verschiedenen Quellen auch das am Anfang angedeutete Geheimnis der kleinen Bergkuppe des Birkenkopfes gelüftet: Einst gab es also für einen kurzen Zeitraum in der unmittelbaren Nachbarschaft Goslars zwei Orte mit dem Namen "HANDORP", zwischen denen sich sogar Zusammenhänge herstellen lassen.
Literatur - Quellen - Hinweise – Erläuterungen:
(1) Beiträge zur Geschichte der Stadt Goslar, Heft 13, Fröhlich-Festschrift, Goslar 1952
(2) Lothar Meyer: Einführung in die Geologie des Westharzes; vom Landkreis Goslar herausgegebene Schrift zum Neujahrsempfang des Jahres 1988
(3) siehe (1), a.a.O. S. 39 folgende
(4) W. Lüders: Land und Leute in "Die Harzburg und ihr Gebiet", Goslar 1922
(5) Volkmar v. Wildenstein gilt als der Gründer der Neuwerkskirche 1188,
ein Ritter Volcmar v. Goslar verzichtet 1280 zusammen mit anderen auf das Patronat an der Kirche zu Beuchte (Qu.: Jürgen Hodemacher: Der Landkreis Wolfenbüttel, seine Städte und Dörfer, S.146; Cremlingen 1986)
(6) Friedrich Stolberg: Befestigungsanlagen im und am Harz von der Frühgeschichte bis zur Neuzeit, Nr. 53; Hildesheim 1968
(7) siehe Anm. (1)
( Kurt Kronenberg: Wie heißt der Stifter des Klosters Neuwerk? - Der Balken im Schild sagt es; Harzer Heimatland 9/10, 1954
(9) siehe Anm. (1), S. 42
(10)siehe Anm. (1) und (6); die Stadt Goslar war in langen heftigen juristischen und kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem Welfenherzog unterlegen, und der Herzog diktierte quasi die Bedingungen
des sogenannten 'Riechenberger Vertrages', demzufolge die Stadt das Bergwerk bis auf vier Gruben und große Teile der Harzforst abtreten und auf Hoheitsrechte verzichten mußte;
(11)E.A. Friedrich: Gestaltete Naturdenkmale Niedersachsens, S. 191; Hannover 1982
(12) StAG, A 1a/81 Flurnamensammlung "Stollenforst" mit dortigem Quellenverzeichnis Forstkartei Oberharz A 7/82
(13) siehe Anm. (1), S. 44
(14) Beiträge zur Geschichte des Amtes Harzburg, Heft 5 "Der Nordharz" 1955, S. 25
(15) siehe Anm. (4), S. 8
(16) siehe Anm. (11)
(17) Cal. Br. 4, Nr. 130 Niedersächsisches Staatsarchiv Hannover "Betr. die Grentz-Irrungen zwischen Clausthal und Zellerfeld des annis 1531 usque ad annum 1564" Blatt 8
"Der von Goslar geschickte Hans Arndesberch Anders Besecke Hinrick Tilling beyde Radspersonen und Wernecke Zihen Borgere to Goslar. Von dem Kellershalß wenten up den lutken Furbeck von dar den Middelberch entlang
alße dar de Schnede uthwiset, wenten an den Bollwech den Bollwech entlang wenten in den Dornewisschen Weech den Weech herup de Henisschen Schleiffs de Henisschen Schleiffe entlang wenten up dat grosse Velt, over dat grosse Velt wenten over dem Dralshorn, von dem Dralshorn den Forstweech entlang an den Quaden Lucke von dem Quaden Lucke wenten up den Eichenberch den Eichenberch nedder wenten up dat Hanedorp von dem Hanedorp dat Berckendaal nedder wenten an den Wildenstein von dem Wildenstein de Oucker nedder wenten vor dat duster Dall von dat wenten vor dat Lindendall von dar wenten an den Hanenberch von dar wenten up de Ouckerbrügge."
(1 Flurnamensammlung "Stollenforst" des Instituts für historische Landesforschung Göttingen, StA Goslar, A 1a/81
(19) Staatsarchiv Wolfenbüttel, Hinweise darauf bei Anm. (1
(20) siehe Anm. (1
(20a)Zur sprachlichen Deutung des Inhalts des Begriffs "Solbecke/Sülp/e)ke" sei zum Vergleich auf den Ort "Sülbeck" (ca. 6 km südöstlich Einbecks und ca. 3 km südlich Salzderheldens) am Westrand des Leinegrabens verwiesen: Seine Saline wird von drei Solquellen (F. Hamm: Natrukundliche Chronik Nordwestdeutschlands, Hannover 1976, S.9) gespeist. Dieser Sachverhalt belegt die Bedeutung des Wortteiles "Sül-". Und auch der Namensteil "-beck" ist hier wie in den Ortsbezeichnungen Einbeck, Vogelbeck (3 km östlich Sülbecks östlich der Leine), Lutterbeck bei Moringen, Billerbeck bei Kreiensen und Gladebeck (5 km westlich Nörden-Hardenbergs) identisch mit "Beek = Bach". Praktisch in "Sichtweite" des Harzes finden sich im südöstlichen Teil des Landkreises
Wolfenbüttel drei weitere Beispiele, Namen von Wasserläufen, die die gleiche sprachliche Wurzel haben. Damit ist auch die Gleichheit der Bedeutung belegt. Bei Gr. Vahlberg am Osthang der Asse - unter diesem Höhenzug liegt bis dicht unter der Oberfläche ein ausgedehnter Salzstock - etwa auf halber Strecke zwischen Schöppenstedt und Wolfenbüttel liegt die Quelle der "Silbeeke". Der Wasserlauf fließt zunächst etwa eineinhalb Kilometer nach Norden, ehe er nach Nordwesten abbiegt und zwischen Weferlingen und Mönchevahlberg der Altenau zustrebt, in die er nach knapp vier Kilometern als linker Nebenfluß mündet. Die Altenau erreicht südlich Wolfenbüttel-Halchter die Oker.
Sprachlich verwandt mit der Bezeichnung "Silbeeke" ist der "Sauerbach". Dieses
Gewässer entspringt an den Südwesthängen des Elms an einer Höhe von 256 m, fließt zunächst über einen Kilometer weit in ziemlich genau südliche Richtung, knickt dann nach Südwesten ab, durchfließt Sambleben, läßt Schöppenstedt "links" liegen, macht nach ungefähr vier Kilometern einen Schwenk nach Nordwesten und fließt auf Bansleben zu. Kurz vor dem Ort biegt das Gewässer nach eineinhalb Kilometern unvermittelt nach Süden ab und mündet nach knapp fünfhundert Metern von rechts in die Altenau.
Vom Inhalt des Namens her gehört auch die "Soltau" (= sprich: Solt-au) in diese Gruppe. Salzquellen haben ihr den Namen gegeben. Sie hat ihren Ursprung südlich Schliestedts bei Schöppenstedt, verläuft zunächst nach Südwesten, fließt dann nach Süden, um im großen Bogen nach Südosten weiterzufließen, vorbei an Watzum, Barnstorf (= dort gab es einst eine Salzsiederei), Watenstedt und Beierstedt, ehe sie nach Süden abknickt und nach einem knappen Kilometer in den Großen Graben oder Bruchgraben mündet.
(21) siehe Anm. (1), S. 44/45
(22) Entsprechende Hinweise auf diesen Sachverhalt finden sich in der alten Hahndorfer Schulchronik von 1885;
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Gezäheschlepper
Rekonstruktion Birkenburg
Vielen Dank für diesen aufschlussreichen Artikel. Ich selbst habe schon einige interessante Artikel über die "Birkenburg" gelesen und habe oben auf dem Gipfel versucht, mir vorzustellen, wie diese Burg einmal ausgesehen hat.
Beim Googeln bin ich dann auf folgende Seite gestossen, die für Burgeninteressierte bestimmt aufschlussreich ist:
http://burgrekonstruktion.de
Der Versuch einer Rekonstruktion der Birkenburg hier:
http://burgrekonstruktion.de/main.php?g2_itemId=510
Ich wünsche allen "Goslarer-Geschichten-Lesern" noch einen schönen Tag.
Muggeloma
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Schießhauer
so ein schoener Beitrag, Muggeloma, danke recht herzlich. Ich hatte von dieser Burg sowieso noch nichts gehoert ,denn man sah ja auch kaum noch etwas davon. Nun studiere ich auch noch die anderen Bilder dieses Links Gruesse, Monika
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