Dachschiefer vom Glockenberg bei Goslar
Geologie
Über große Gebiete des Devonsattels im Nordharzgebiet erstreckt sich zwischen der Gose bei Goslar und der lnnerste bei Langelsheim der Wissenbacher Schiefer. Dieser Schiefer hat sich dadurch gebildet, dass die Verwitterungsprodukte feldspathaltiger Gesteine zum Meer transportiert wurden und sich dort abgelagert haben. Durch Austrocknung und Druck überlagernder Schichten bildete sich später Schieferton. Er ist im Gebiet von Goslar von blaugrauer, manchmal auch bräunlicher Farbe, vorwiegend ebenflächig und verhältnismäßig wenig von Grauwackensandstein, Quarzitschiefer, Kalkstein und Diabasen durchzogen. Oft steht der Schiefer in vollkommen, jedoch „falsch“ geschieferten Bänken an. Eine falsche Schieferung hat eine Spaltflächenrichtung, die infolge von Druckeinwirkungen nicht parallel zu den ursprünglichen Ablagerungsflächen verläuft, die daher oft nur schwer erkennbar sind. Die Abweichung der Spaltflächenrichtung von der Richtung der Ablagerungsflächen beträgt auf der Grube Glockenberg in der Regel 7 Grad. Zur Verwendung als Dachschiefer sind nur solche Partien des Wissenbacher Schiefers geeignet, die bestimmten Anforderungen gerecht werden: Der Schiefer muss wetter- und farbbeständig sein, gleichmäßige Färbung haben und darf nicht porös sein. Er soll beim Aufschlagen mit dem Hammer einen hellen Klang abgeben, d. h. möglichst hart sein. Vor allem aber ist eine gute Ausbildung der Transversalschieferung und damit eine leichte Spaltbarkeit in dünne Schieferplatten wichtigste Vorbedingung für die wirtschaftliche Gewinnung und Verwertung.
Geschichte
Die ersten Nachrichten über einen Schieferbergbau bei Goslar sind uns aus Urkunden Ende des 13. Jahrhunderts überliefert. ln der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts erfahren wir bereits von drei Schieferbrüchen östlich des Hessenkopfs. Die später so ertragreiche Ratsscbiefergrube war unter diesen dicht beieinander liegenden Schieferbrüchen in der Mitte angelegt. Ende des 16. Jahrhunderts bis 1867 wurde die Ratsschiefergrube vom Rat der Stadt Goslar betrieblich geführt. Erst 1896 kam die Grube wegen völliger Ausbeutung endgültig zum Erliegen. Das Bruchgelände ist noch heute am Wege von der Sennhütte bei Goslar zum Glockenberg gut zu erkennen. Außerdem wurde für den im Mittelalter schnell steigenden Bedarf eine Anzahl weiterer Schieferbrüche angelegt. Denn nachdem der Stein als Dach- und Wandbelag sortenmäßig hergestellt wurde, nahm der Handel mit Dachschiefer einen schwunghaften Aufstieg. An Stelle der Stroh- und Schindeldächer traten bald die vorspringenden steilen Schieferdächer. Der Schieferbehang an Hauswänden war ein vorzüglicher Schutz gegen Witterungseinflüsse und Feuer. Die Schieferbrüche waren in der Regel kleine Betriebe, lediglich die Ratsschiefergrube zahlte in den besten Zeiten etwa 100 Belegschaftsmitglieder. Bei den oft sehr unterschiedlichen Lagerverhältnissen wundert es nicht, dass die Geschicke der Schieferbrüche entsprechend wechselhaft waren und alle Betriebe wieder eingingen. In einer alten Schieferakte heißt es bezeichnend: „Bald reich, bald arm, bald gar nichts!“ Um 1800 gab es nur noch drei Schieferbrüche, zwei am Nordberg und die Ratsschiefergrube am Hessenkopf. Die Schiefergewinnung am Nordberg hat sich, nachdem man seit 1916 Bergbau unter Tage trieb, bis nach dem Zweiten Weltkrieg halten können. Noch heute wird das Haldenmaterial für die Zementherstellung genutzt. Nachdem die Ratsschiefergrube 1896 stillgelegt wurde, entstand eine Anzahl von Pachtbetrieben, die jedoch alle bis auf die Glockenberggrube eingingen.
1887 hat der Schieferdeckermeister Giesecke den Schieferbruch Glockenberg begonnen. Nach seinem Tode 1920 wurde der Betrieb von 1924 bis 1927 dem Obersteiger Gros, danach bis 1934 der bergrechtlichen Gewerkschaft Glockenberg, ab 1935 zunächst in Unterpacht der Firma Schieferbergbau Glockenberg, Schilling & Co., verpachtet. Bis 1927 waren nur 7 Mann im Bruch beschäftigt.
1928 begann der Untertagebergbau, der 1935 von der Firma Schilling & Co. bei erheblichem unternehmerischem Wagnis mit viel Geschick auf einen modernen Stand gebracht wurde. Der Erfolg blieb nicht aus: 1937 arbeiteten 30 Mann auf der Grube, 1940 waren es sogar 70! Auch über den Zweiten Weltkrieg hinweg hat sich die Grube gut halten können, die Gesamtbelegschaft erreichte zeitweise über 150 Belegschaftsmitglieder. In der Vorkriegszeit und bis nach 1944 lieferte das Schieferbergwerk Glockenberg, rund zwei Drittel der gesamten Produktion in das Gebiet Sachsen-Thüringen.
1945 wurde angesichts der für Goslar drohenden Kämpfe der Betrieb der Fa. Aug. Prelle in den ersten Apriltagen in seinem Kern mit Buchhaltung und unentbehrlichem Betriebsmaterial zum Schieferbergwerk Glockenbergausgelagert. Für die Menschen des Betriebes wurden dort Notunterkünfte eingerichtet. Am 10. April standen die amerikanischen Panzer am Westausgang der Stadt. In den Tagen zuvor musste aber schnellstens alles Material vom Schieferbergwerk Glockenberg wieder zurückgeholt werden, weil die Gebäude des Bergwerks von den in den Harz gezogenen Divisionen als vorgeschobener Kampfstand eingerichtet worden waren. Mit Hilfe einer späteren Beteiligung durch eine ostdeutsche Werkgruppe wurde die Schiefergrube nach dem Zusammenbruch bis zur Jahreswende 1948/49 zu einer der modernsten Dachschiefergruben mit einer Jahresleistung von rund 6000 t Dachschiefer ausgebaut ... So wurden im Laufe der Zeit seit 1934 wiederum Millionen von Quadratmetern Glockenberger und damit Goslarer Dachschiefer geliefert.
1962 wurde die Firma aufgelöst, der Betrieb jedoch weitergeführt.
1964 beschloss der Rat der Stadt, den mit der Stadt Goslar geschlossenen Pachtvertrag bezüglich der Schiefergrube auf die Firma Prelle und bezüglich des Mahlwerkes auf die Firma Glockenberger Schiefer GmbH & Co. K.G. zu übertragen.
1969 mußte die Grube, die zuletzt nur noch 11 Belegschaftsmitglieder aufwies, wegen Absatzmangel stillgelegt werden, nicht zuletzt auch deswegen, weil der natürliche Absatzmarkt jenseits der Zonengrenze nicht mehr erreicht werden konnte.
1974 wurde die bis dahin in Betrieb gehaltene Schachtanlage abgebrochen. Die zur Grube gehörenden Wohnhäuser waren noch bis 1992 bewohnt, wurden danach aber auch abgebrochen
Betrieb
Das fast steil stehende SW-NO streichende, nach SO mit etwa 80 Grad einfallende bauwürdige Schieferlager hatte eine Mächtigkeit von etwa 15-20m und war durch den Schacht Hans- Georg und durch ein flaches Blindgesenk aufgeschlossen. An den Seilfahrtschacht waren die 40, 60, 70, 80 und 90-m-Sohlen angeschlossen. An das flache Gesenk, das von der 90-m-Sohle abgeteuft wurde, waren die 130 und 150-m- Sohlen angeschlossen, über die die Hauptförderung lief.
Querschnitt durch die ehemalige Schiefergrube Glockenberg
Der Schiefer wurde im Firstenstoßabbau hereingewonnen. Der in der Grube gewonnene Rohschiefer wurde in einer Schiefertrennanlage zum Teil zersägt und über ein Mattenband den Spaltern im Spaltraum zugeführt. Nachdem der Rohschiefer von Hand gespalten war, gelangte er zu den Zurichtern, die mit einer Schieferschere von Hand die jeweilig sortenmäßig gewünschte Form des Endprodukts, vorwiegend Dachschiefer, herstellten. Dabei war das Endprodukt nur ein geringer Bruchteil der Schiefermenge, die in der Grube hereingewonnen wird. Der größte Teil war nicht spaltbarer Schutt oder Abfall. Heute zielen die unternehmerischen Bemühungen darauf ab, einen neuen Absatz für Schiefer durch Mahlen und Veredeln zu erhalten. In diesem Rahmen waren die Zerkleinerungs- und Klassiereinrichtungen der Firma Glockenberger Schiefer GmbH & Co. K.G. bedeutungsvoll. Das Rohgut wurde von einer Schieferhalde gewonnen und zu feinem Mehl zerkleinert, das in der chemischen Industrie, bei der Herstellung von Gummi, Isolationsstoffen, Akkus, Säurebehältern, Asbest, Zement, Farben, Grammophonplatten usw. als Füllstoff benötigt wird. Für die Dachpappenbestreuung wurden Kornklassen von 2,5-1,5 und 1,5-0,5 mm Korndurchmesser hergestellt. 1972 wurden etwa 12 000t Mehl und Splitt produziert. Die Belegschaft betrug 6 Mann. Bis zum Schluss hatte man gehofft, dass es gelingt, durch eine zeitgemäße Verwendung des Schiefers neue Absatzmärkte zu erobern, dies gelang jedoch nicht. Der Schieferschutt sollte noch viele Jahre als Rohgut ausreichen. Später bestand die Möglichkeit, auf eine übertägige Gewinnung zur Erhaltung der Rohstoffbasis auszuweichen.
Quellen: Skiba, der Bergbau im Westharz und natürlich unser Forum