Zitat Zitat von Susanne-K. Beitrag anzeigen
Ziemlich nahe im Grenzbereich auf DDR-Seite stand ein (bewohntes) Haus.
Ganz nah am Haus war um das Haus herum Stacheldraht gezogen. Wenn mich die Erinnerung nicht täuscht, waren sogar die Fenster mit Stacheldraht abgesichert.
Mir wurde damals erklärt, dass alle Häuser im Grenzbereich so abgesichert seien, damit die Menschen keine Möglichkeiten zur Flucht hätten.
Das hat mich schon das Fürchten gelehrt.
Ich glaube Susanne, da hast Du etwas falsch verstanden man hat es so abgesichert, damit wir nicht in die DDR eindringen konnten (s. Selbstschussanlagen in Richtung DDR Grenzgebiet .)

Aber auch mir ist ein Erlebnis, welches ich hatte, als ich etwa 5-6 Jahre alt war, in Erinnerung geblieben.

Wir, die ganze Familie mit Onkel Tante und Cousine, gingen an einem Sonntag im Oberharz, im Wald spazieren. Ich weiß nicht mehr, ob wir nach Pilzen schauten oder nach Blaubeeren. Auf jeden Fall kamen wir der dt./dt. Grenze sehr sehr nahe. Wir gingen einen schmalen Pfad entlang, der, wie mir später klar wurde, scheinbar nur von den westdeutschen Grenzern genutzt wurde. Da standen die Schilder - Warnschilder - (an den Text erinnere ich mich nicht mehr), die auf die unmittelbare Nähe dieser bekloppten Grenze hinwiesen.
Auf einmal wurden wir durch Anruf aufgefordert, sofort stehen zu bleiben, was wir auch taten. In beinahe unmittelbarer Nähe, standen 2 ostdeutsche Grenzer vor uns und wir blickten in ihre im Anschlag befindlichen Maschinenpistolen, die sie auf uns richteten. Mein Vater, nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft, eine Zeit lang Bahnpolizist, da er sein Maschinenbaustudium (bei der Bahn) nicht fortsetzen durfte, weil die Papiere verbrannt waren und mein Onkel zu der Zeit schon Polizist und ehemaliger BGS`ler, forderten uns zur Ruhe auf und erklärten den Herren auf ostdeutschem Gebiet, dass wir nicht vorhätten Westdeutschland zu verlassen. Davon ließen sich die Herren aber keinesfalles beindrucken. Sie standen mit unbewegter Mine da und verbreiteten Angst, wenigstens bei uns Kindern und unseren Müttern. Mein Vater machte die Herren darauf aufmerksam, dass sie Bürger der Bundesrepublik Deutschland bedrohen, welche sich auch auf westlichem Gebiet befinden und versuchte den Herren auch in deutlichem Polizeiton klar zu machen, dass diese sich hingegen auf der falschen Seite befänden, auf der sie nichts verloren hätten. Aber auch das beeindruckte sie nicht. Jedefalls tauchten auf einmal 2 westdeutsche Grenzer auf und sofort zogen sich die beiden anderen zurück - wortlos- aber mit einem Dankesgruß per Kopfnicken und Handheben an unsere uniformierten Herrren. Diese erklärten damals, dass solche Situationen ständig vorkommen würden und das man sich kenne, da man sich bei gemeinsamer Dienstzeit, oft begegnet. Man müsse halt beiderseits immer wieder Präsenz zeigen. Mein Vater und mein Onkel wussten das, im Gegensatz zu uns Kindern. Und die beiden wussten auch, dass gerade an den Wochenenden verstärkt Grenzstreifen auf unserer Seite unterwegs waren.

Von da an hatte ich ein echtes Grenzproblem. Ich hasste diese komische Grenze, deren Vorhandensein ich nicht verstand.

Wie oft waren wir später, auch mit der Schule an die dt./dt. Grenze gefahren, hatten hinüber geschaut und den Menschen, die wir sahen fröhlich gewunken und auf ein Zurückwinken gehofft. - Nichts! - Und immer wieder erklärten uns unsere Begeleitpersonen, dass die Menschen dort nicht zurückwinken dürfen. Hatte man Papas Fernglas dabei, schaute man damit in ein Fernglas auf der anderen Seite und in das, durch dieses Fernglas halbverdeckte, normale Gesicht eines ostdeutschen Grenzers. Was denkt er jetzt, haben wir uns manchmal gefragt? Denn irgendwann hatten auch wir Kinder verstanden, dass man dort drüben im Osten eingesperrt und in seiner Entscheidungsfreiheit eingeschränkt war.

Ich habe mich so manches Mal gefragt, warum die beiden ostdeutschen Grenzsoldaten damals nicht einfach abgehauen sind......., denn zu der Zeit, als ich die unheimliche Begegnung mit meiner Familie im Wald hatte, da hatte auch die verdammte Grenze, scheinbar, noch ganz schön viele Löcher.

Ein anderer Onkel von mir war sehr früh, als es gerade noch noch möglich war, aus dem Osten abgehauen, da ihm die russische Besatzungmacht missfiel. Und er war froh diese Entscheidung getroffen zu haben, als er bei einem Besuch sah, wie eingeschränkt seine Mutter und seine Geschwister in der DDR lebten. Regelmäßig wurden Pakete hinübergeschickt oder bei einem Besuch etwas Westgeld dort gelassen. Übrigens - viele der Pakete erreichten ihre Empfänger nicht oder es fehlte ein Teil des Inhalts, wenn sie ankamen.

Ach ja, auch wir schickten Pakete, aber nicht in die DDR, sondern nach Polen, in die ehemaligen deutschen Gebiete, aus denen meine Mutter mit ihrer Familie, als Deutsche, vertrieben worden war. Einige dieser Pakete erreichten auch nur mit reduziertem Inhalt ihre Empfänger oder gar nicht. Kontrollzettel, die sich in den Paketen mit fehlendem Inhalt befanden, zeigten jedoch, dass diese Pakete bereits in DDR geöffnet worden waren.
Dass etwas entnommen wurde, das stand natürlich nicht darauf.


Liebe Grüße
Birgit