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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Paul Lincke Ring wird 2024 nicht vergeben



märklinist
17.01.2024, 10:41
Hallo in die Runde,

gleich vorweg ich bin kein "brauner", bevor es hier los geht mit einem Shitstorm.

70 Jahre, da fällt plötzlich auf, das Paul Lincke Nähe zu Joseph Goebels pflegte. Warum hat man nicht schon zu den vergangenen Jubiläen, 25 Jahre und 50 Jahre reagiert. Anscheinend passte der Aufschrei damals nicht in das aktuelle Zeitgeschehen. Man sollte schon unterscheiden, ob eine Person Nähe zu einer Nazigröße hatte oder ob in diesem Fall Paul Lincke Täter war, was wohl nicht der Fall war.
Zum Glück musste ich diese grausame Zeit nicht erleben, weiß aber von Erzählungen der Großeltern was damals los war. Wer nicht mitzog damls, der hatte erhebliche Nachteile, gehörte nicht zur Volksgemeinschaft, man wurde ausgeschlossen. Um diese Nachteile und ggf. gar schlimmeres abzuwenden, machte man halt mit, egal wie man über die Sache dachte, denn die Gedanken waren auch damals schon frei, nur laut äußern, das wurde schwer bestraft.

Meine Vermutung liegt darin, das man jetzt "Wind aufwirbelt", weil aktuell die AFD massiv an Zulauf gewinnt, zudem ist die AFD keine Nazipartei. Viele Mitglieder, vorallem ältere sind aus der CDU ausgetreten, weil sie sich unter Merkel politisch nicht mehr da wiederfanden, wofür sie in die CDU eingetreten waren.

Es fehlt jezt nur noch, das bekannte heutige Musiker wie Roland Kaiser, Udo Lindenberg usw. ihren verliehenen Paul Lincke Ring zurückgeben, weil man halt nichts mit der NS Vergangenheit zu tun haben will.

Im kommenden Jahr ist die Schreckensherrschaft des größten Massenmörders aller Zeiten 80 Jahre her, da sollte man mal den Ball flach halten, das heißt aber nicht, das man die Sache vergessen soll, nur nicht immer wieder "aufwärmen". Verantwortliche für das Geschehene sind so gut wie nicht mehr am Leben, man kann nicht nachfolgende Generationen mit in die Verantwortung nehmen, was unsere Vorfahren da angerichtet haben, auch da muss man unterscheiden, ob jemand Täter war, oder Mitläufer, zum Beispiel Mitglied in der HJ, NSDAP usw.
Mein Vater war auch in der HJ, er war deshalb weder Nazi noch Täter, er wollte als Jugendlicher keine Nachteile haben. Ähnlich war es ja auch in der DDR, wer nicht in der FDJ war oder anderen Organisationen dem wurden beruflich "Steine in den Weg gelegt".

Wenn man so denkt und handelt, dann müssten man andere Musiker, Schauspieler aus der Zeit auch verdammen, darunter sogar der berühmte Heinz Rühmann, auch Konrad Adenauer und viele andere bekannte Prominente machten "gute Miene zum bösen Spiel". Hätten sie das nicht getan, sich gar widersetzt, dann hätten diese Menschen vermutlich auch nicht die Nazizeit überstanden.

Ich denke, man sollte es bei der Namensgebung belassen, wie will man den Ring sonst benennen, einen Kaiserring der Stadt Goslar gibt es ja zudem auch.

Leider ist Goslar kein Einzelfall, was Namensgebung von Gebäuden, Gegenständen o.ä.betrifft. In Neuhof im Landkreis Fulda musste die Gesamtschule Werner von Braun umbenannt werden, weil einem Politiker auffiel, das Werner von Braun auch Nähe zu Nazis hatte. Völlig vergessen wurde dabei, das Werner von Braun die Raketentechnik entwickelt hat, ohne ihm hätte es die Mondladungen der Apollomissionen nicht gegeben. Die Schule wurde auf Druck von Politikern umbenannt in die Johannes Keppler Schule.

Ich selbst war zu meiner Bundeswehrzeit in einer Kaserne Namens Rommel-Kaserne stationiert, über den Namen hat sich bis heute niemand aufgeregt, obwohl der Name auch mit einer Nazigröße zu tun hat, den bekannten "Wüstenfuchs Rommel".

Egal auf welcher politischen Ebene, man sollte sich den wirklich wichtigen Dingen widmen, denn davon haben wir mehr als genug.


In diesem Sinn
der märklinist

gidaso
17.01.2024, 12:07
Ich bin auch der Ansicht von Märklinist, dass es wirklich wichtigere Dinge gibt.
Aber der Trend geht heute dahin, dass die moralische Fahne sehr hoch geschwenkt wird; wir sind heute so edel und gut, dass wir uns erlauben können, über andere urteilen zu können. Wie war das mit dem "ersten Stein"?

Trichtex
17.01.2024, 15:21
Moin!

Als alter, weißer Mann bin ich selbstverständlich für die Taten und Gedanken meiner sämtlichen Ahnen verantwortlich und haftbar. Leider finden sich in meiner Ahnenreihe keine Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime, so dass ich qua Erbsünde selbstredend ebenfalls Nazi-Größen nahe stehe oder gar Nazi bin.

Andersrum funktioniert das übrigens nicht: Ich kann nicht allein deshalb Nicht-Nazi sein, weil sich meine Ahnen nicht an den Gräueltaten beteiligten.

Und um es nochmal in aller Deutlichkeit zu sagen: Egal, worum es geht: ICH! BIN! SCHULD!

Viele Grüße

Gunther

Volker
18.01.2024, 11:25
Hallo!
Dem Beitrag von Märklinist ist ja wohl nichts mehr hinzuzufügen.
Zum Beitrag von Trichtex folgende Interpretation: Ich bin im Oktober 1944 geboren. In meiner Geburtsurkunde ist noch ein Hakenkreuzstempel, ich war also in den Verwaltungsakten der damaligen Regierung als "Pimpf" vorgesehen. Kann man mir deshalb bis zum 8. Mai 1945 eine Nähe zum Regime unterstellen? Es gibt bestimmt "Gutmenschen", die das hinbekommen und auch Argumente und Befürworter dafür finden. Denn Eines ist sicher: Die Dummheit stirbt nie aus. Wie nannte es der Kabarettist Urban Priol in seinem letzten Auftritt zum Jahresabschluss: "Die Mutter der Dummheit ist immer schwanger."
In wie weit Paul Lincke mit den Nazis involviert war, das kann ich nicht beurteilen, das soll untersucht werden. Ich bin jedenfalls gespannt, was da rauskommen soll und an welchen Stellschrauben dabei gedreht wird. Objektiv wird es vermutlich nicht ablaufen, nach den Erfahrungen, die ich in letzter Zeit diesbezüglich gemacht habe. (Der Fall "Uwe Steimle" und länger zurückliegend der Fall "Eva Herman" bei der ARD.) Vielleicht erinnern sich einige an letzteren. Kerner macht heute wieder auf "Dicke Hose", obwohl seine damalige Rolle einen äußerst zweifelhaften Eindruck hinterließ!
Aber das hat nichts mit Paul Lincke zu tun, ich wollte es einfach mal loswerden.
Volker

Bergmönch
18.01.2024, 13:51
Die "Berufsaufgeregten" haben halt mal wieder was gesucht und gefunden...

Beste Grüße
Bergmönch

nobby
18.01.2024, 14:28
Die "Berufsaufgeregten" haben halt mal wieder was gesucht und gefunden...

Beste Grüße
Bergmönch

Nicht die „Berufsaufgeregten“ sind das Problem. Das Problem ist die Wichtigkeit die ihnen zuteil wird. Das geschieht zur Zeit in allen Bereichen der Gesellschaft. Ein wenig Ignoranz diesen Leuten gegenüber würde sicher hilfreicher sein.
In erster Linie müsste diese Ignoranz von den Medien ausgehen.
Der Kotau vor diesen Wokenpeople wird sie immer wieder erneut ermutigen auf Spurensuche zu gehen.

Viele Grüße

nobby

sanpatricio
18.01.2024, 19:08
Was hat die Stadt Goslar oder/und die Jury da geritten und was wollen sie erreichen?

Das ohnehin zerstrittene Hahnenklee kann diesen "Skandal" nun bestimmt nicht gebrauchen. Das bisherige "Highlight", der Paul-Lincke-Ring dürfte "verbrannt" sein. Jetzt fehlt nur noch, dass - von wem auch immer - gefordert wird, die bisherigen Preisträger sollten den "Skandal-Ring" zurückgeben. Wenn nicht sogar Einige das von selbst tun werden.

Zukünftige Preisträger - wenn es sie denn überhaupt geben wird - werden sich genau überlegen, ob sie den "Skandal-Ring" annehmen oder von Vornherein ablehnen sollen, oder ob sie bei der offiziellen Verleihung die Annahme des "Schand-Ringes" öffentlichkeitswirksam verweigern sollten.

Mit freundlichen Grüßen
sanpatricio

Trichtex
18.01.2024, 21:56
Moin!


In erster Linie müsste diese Ignoranz von den Medien ausgehen.
Stattdessen sind die Medien Teil des Problems. Gerade in den Medien scheint Wokeness heute unverzichtbar zu sein.

Ich würde mir mehr Objektivität und weniger Meinung wünschen. Das beginnt schon bei der Auswahl dessen, worüber berichtet wird und setzt sich über Wort- und Bildwahl fort. Die Welt, die in den Medien gezeichnet wird, entspricht in großen Teilen nicht meiner Wahrnehmung.

Es ist übrigens bezeichnend, dass "Erinnerungskultur" in Deutschland praktisch ausschließlich auf das Dritte Reich bezogen wird. Lt. Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Erinnerungskultur) bezeichnet Erinnerungskultur den Umgang des Einzelnen und der Gesellschaft mit ihrer Vergangenheit und ihrer Geschichte. Ich bin mir ziemlich sicher, dass unsere Geschichte nicht ausschließlich vom Dritten Reich geprägt ist. Dieser Teil unserer Geschichte fand übrigens in meiner schulischen Ausbildung in den 1970er Jahren nicht statt. Um das Dritte Reich wurde ein Bogen gemacht.

Viele Grüße

Gunther