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Hausinschriften
Hausinschriften
Hausinschriften, wie wir sie in großer Zahl und mannigfacher Form an vielen alten Häusern in der Altstadt Goslars finden, sind in Hahndorf wesentlich seltener. Man muss sich schon auf die Suche machen, wenn man sie finden will. Und das, obwohl es nicht wenige, gut erhaltene alte Häuser gibt.
Beispielhaft dafür möge das Gebäude Jerstedter Straße 9 stehen, ein bereits vor etlichen Jahren aufgelassener Bauernhof, ehemals ein Kothsaßhof – älteren Mitbürgern kurz als „Plumeyer-Hof“ bekannt, ein Bauernhaus also, dass aufgrund seiner Bauweise (= Konstruktion des Fachwerks, Verwendung von Lehmziegelsteinen) ganz gewiss zu den ältesten im Ort gehört, leider aber an seiner Fassade keinerlei Hinweis auf den Erbauer oder das Entstehungsjahr hat.
Ein Grund für den Mangel an Hausinschriften ist sicherlich darin zu sehen, dass Hahndorf bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts ein kleines Dorf war und wegen seiner Abhängigkeit von Riechenberg und dann der Ablösung daraus als arm galt. Zutreffend mag aber ebenso sein, dass bei Renovierungsarbeiten derartiger „Schmuck“ verschwand, wenn er vielleicht vorher vorhanden gewesen war.
Für die letztgenannte Vermutung gibt es einen konkreten Beleg. Die >Kunstdenkmäler der Provinz Hannover< von 1937 berichten noch davon, dass sich im Sturz der Eingangstür des Herrenhauses des Paterhofes folgende lateinische Inschrift befand: „In emolumentum liberae huuis curiae me fieri fecit Francisco Wilh. Busch praeposito Richenberg a o 1708“ (Zu deutsch etwa „Der Nutzen dieser schuldenfreien Kurie kommt mir zu, Franz Wilhelm Busch Besitzer, Riechenberg im Jahre 1708“.), von der der heutige Besucher leider nichts mehr findet. Das Gebäude, während des II. Weltkrieges zeitweilig Kindergarten und dann lange nicht mehr recht benutzt, ist vor etlichen Jahren von Grund auf renoviert, bevor es wieder Wohnzwecken zugeführt wurde.
So beschränken sich die Hausinschriften in Hahndorf auf wirklich einige wenige Beispiele, die untereinander auch wieder recht unterschiedlich sind in ihrer Gestaltung und Aussagekraft. Sie sollen hier einmal zusammengetragen und beschrieben werden.
Nur wenigen bekannt sein dürfte, dass das Haus Wasserstraße 4 auf der Rückseite auf einem Querbalken des Fachwerks im Erdgeschoss die Inschrift „ANNO 1729“ trägt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich hierbei um einen sehr schlicht geratenen Hinweis auf das Jahr der Erbauung dieses Hauses.
Der ehemalige Bauernhof Jerstedter Straße 6 trägt an einer giebelartigen Dachluke des an das Wohngebäude unmittelbar anschließenden Stall- und Scheunengebäude den Hinweis in zwei Zeilen „Erbaut 19 F.B. 25“. Hier ist klar, hinter den Abkürzungen F.B. verbirgt sich der Besitzer im Erbauungsjahr 1925 ‚Friedrich Brandes’. Dieses „Erbaut“ bezieht sich aber doch wohl nur auf den Neu- oder Anbau des Stallgebäudes anstelle eines bis dahin bereits vorhanden gewesenen.
Eine fast quadratische Sandsteinplatte befindet sich im ersten Gefach über der Eingangstür des Wohngebäudes eines ebenfalls nicht mehr bewirtschafteten Bauernhofes in der Jerstedter Straße 13. Diese Sandsteinplatte könnte nachträglich eingesetzt worden sein. Auf ihr befindet sich der Text „Wer Gott vertraut hat wohl gebaut F. Haarnagel D. Haarhagel geb. Rühe“. Unter diesen Worten befindet sich dann noch ein halber Eichenlaubkranz. Leider fehlt eine
Jahreszahl. Unbestritten handelt es sich bei den genannten Personen um das frühere Besitzerehepaar. Nach dem Tod des kinder- und ehelos gebliebenen Enkels Robert Haarnagel wurde das Haus verkauft.
Die vielleicht schönste – aber ohne Zweifel umfangreichste Inschrift – befindet sich an dem Doppelhaus Nordwinkel 13/14. Sie ist am Querbalken zwischen Erdgeschoss und Obergeschoss über die volle Länge angebracht. Zunächst: „1794 erbauet von dem Ackermann Andreas Bothe verehelicht mit Maria Philippina Müllern“, dann nach kurzem Abstand „Befiel dem Herrn deine Wege und hoff auf ihn“ und letztlich: „Gloria in exelsis Deo“.
Wir erfahren daraus, wer das schöne große Bauernhaus erbaut hat und in welchem Jahr das geschah. Zugleich geben die Angaben einen Einblick in die Geschichte des Ortes. Darauf soll gleich noch einmal zurückgekommen werden; zunächst noch etwas Anderes.
Zusätzlich zu der Balkeninschrift ist nämlich eine Steinplatte in einem Gefach des Obergeschosses erhalten geblieben, auf der ein stilisiertes Wappen mit einer Krone darüber und von rankenden Ornamenten umgeben abgebildet ist, auf dem ineinander verschlungen die Anfangsbuchstaben der Erbauer und daneben die Jahreszahl 1794 geschrieben steht. Die heutigen Farben sind mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht die ursprünglichen. Die kunstvolle Ausführung dieses Schmuckes lässt den Schluss zu, dass sein Auftraggeber zumindest nicht unbegütert gewesen sein muss.
Das – und damit sind wir wieder bei der Ortsgeschichte angelangt – wird auch aus der Bezeichnung „Ackermann“ deutlich, denn damit ist die soziale Stellung innerhalb der dörflichen Gemeinschaft mit den damit zustehenden Rechten und obliegenden Pflichten vor mehr als 200 Jahren klar umrissen worden.
In der bäuerlichen Hierarchie stand der Ackermann oben an. Er hatte Pferde (= die durfte nicht jeder in beliebiger Zahl haben!), besaß ein Nutzungsrecht am Holz und an der Allmende; ihm oblag die Pflicht des Baumpflanzens (= 4 Eichen und 4 Buchen jährlich), und er hatte an zwei Tagen in der Woche Frondienst (= Herrendienst, kostenlos) zu leisten.
Es handelt sich bei dieser Hofstelle, die unter den Erben unter vereinzelt, also aufgelöst wurde, ganz offensichtlich um die des im Liebenburger Erbregister von 1548 genannten Ackermannes Barthold Legtmeier, der als einziger Hofstelleninhaber nicht dem Kloster Riechenberg untertan war, dessen Nachfolger Cord Weschen nach einem Kirchenvisitationsprotokoll von 1571 „ein Walkenredisch Klostermeyer“ genannt wurde. Zu dem Meiergedinge des Klosters Walkenried gehörte auch die sogenannte „güldene“ Hufe jenseits der Warte aus der Erbmasse Ebelingerode. Bei der großen Verkoppelung 1877/79 hat dann der Besitzer des Hofes Nr. 9 (= d.i. „Nordwinkel 13/14) als Einziger Ländereien in die Verkoppelungsmasse eingebracht hatte, die „jenseits der (Hahndorfer) Warte“ lagen. – So viele Auskünfte kann man bei Kenntnis einiger Fakten aus einer Hausinschrift herauslesen. -
Gegenüber des im Vorangegangenen genannten Haus liegt Nordwinkel 15. Hier wurde ein zu dem zitierten ehemaligen Bauernhof hin zugehört habender Stall zu einem Wohngebäude aus- und umgebaut. Zur Straßenseite hin wurde ein angesetzter Giebel mit einem Balkon geschaffen In Anlehnung an das Gegenüber wurde auch dieses Haus mit einem Spruch versehen. „WB Behüt ER uns vor Sturm und Feuer, vor missgünst’gen Nachbarn, der Pest und der Steuer ANNO DOM. MCMLXXV GB“. Die Abkürzungen am Anfang und am Ende weisen auf die Beiden hin, die dieses Werk der Renovierung vollbracht haben: Wolfgang Braun, Gabriele Braun.
Die Darstellung der Hausinschriften soll abgeschlossen werden mit dem Festhalten, dass auch das Gotteshaus des Dorfes unter den Schutz einer Spruchweisheit gestellt worden ist. In den sandsteinernen Türsturz auf der Westseite steht eingemeißelt: „WIE HEILIG IST DIESE STÄTTE. HIER IST NICHTS ANDERS, DENN GOTTES HAUS, UND HIER IST DIE PFORTE DES HIMMELS“, versehen mit der Bibelstelle 1. Mos. 28,17; dazu kommt auf beiden Seiten verteilt dien Jahreszahl 1844, die auf das Datum eines größeren Umbaues der Kirche hinweist.
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Hallo Wolfgang, danke fuer diese Ausfuehrungen! Dabei fiel mir ein, dass die Menschen verschwundener Jahrhunderte das geschriebene Wort fuer maechtig hielten, in dem Sinne, dass es fast ein Zauberspruch war, natuerlich im christlichen Sinne, was anderes haette man nicht zugeben duerfen! Aber ein Gebet oder ergleichen,sollte den Segen versichern. Gruesse, Monika