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Thema: Möchte mehr über Goslarer Mundart erfahren

  1. #1
    Wasserknecht Avatar von huckup
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    Standard Möchte mehr über Goslarer Mundart erfahren

    Hallo liebe Leute!
    Ich habe mich neu im Forum angemeldet und bin sehr fasziniert von der Fülle an Geschichte(n), die hier drin steckt. Für ein Mitmach-Hörspiel zu der Gegend rund um Goslar möchte ich gerne mehr über die lokale Mundart erfahren - ich komme aus Hildesheim und kenne mich nicht so aus. In einem lokalen Sagenbuch ist von der "Harzsprache" die Rede - oder ist Oberharzisch präziser? Ich wäre sehr dankbar, wenn mir jemand auf die Sprünge helfen könnte und ich mehr erfahren könnte :-)
    Am tollsten wäre es, eine oder mehrere Personen zu finden, die lokale Mundort sprechen können und Lust hätten, einen kleinen Beitrag zum Hörspiel zu machen.
    Dankeschön!

  2. #2
    Schießhauer Avatar von Trichtex
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    Moin!

    Herzlich willkommen bei den Goslarer Geschichten!

    Du meinst das Harzer Platt. Du kannst Dir das hier mal anhören und auf Hörspieltauglichkeit überprüfen. Weitere Beispiele und Informationen findest Du im Netz, wenn Du nach Harzer Platt suchst.

    Liebe Grüße

    Gunther

  3. #3
    Wasserknecht Avatar von huckup
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    Oh toll, vielen Dank schonmal, Trichtex. Kennst Du wen, der oder die Harzer Platt spricht?

  4. #4
    Moderator Avatar von Bergmönch
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    ACHTUNG! Im Harz hast Du es mit 2 sehr unterschiedlichen Dialektgruppen zu tun: Im Vorharzbereich handelt es sich um Varianten von ostfälischem Platt (s. Beitrag von Gunther), im Oberharz um einen sächsischen Dialekt, der im 16. Jahrhundert von zugereisten Bergleuten aus Freiberg und dem Erzgebirge importiert wurde und zur Bildung einer "Sprachinsel" führte. Eine "Harzsprache" gibt es also nicht.

    Hier ein Beispiel für Ostfälisch:

    Dat Kaugummi taun Gruulen
    von Andrus Kivirähk, plattdüütsch von Heiko Frese, kernostfälisch von Ingo Lorenz

    Dei Fräuhjahrssunne schiene taun Fenster rinne un in de Kaamer worre dat ümmer warmer. Eine Fleije, dei in ein Slitz von’n Fautbodden öhren Winterslaap ehoolen harre, waaket opp, hoojahne un klempere uut öhr Vorrstääk ruut.
    Bet naa dei hinderste Ecke recken dei hellen Strahlen von dei Sunne. Warm un kommodig worre dat. Ein Harrgottssöhneken war ook da un turne saun bettchen rumher.
    „Guen Morjen!“, sää hei tau dei Fleije. „Ick bün eben grade munter eworren. Saun schönet Wedder! Et ward balle Fräuhjahr!“
    „Ja, dat mag woll sien“, war dei Fleije invorrstahn. Sei war noche Masse mäu. Sei vorrsochte dei Flöjjels uutenanner tau kriejen. Dei knerschen as wenne sei rusterig waren.
    „Ick bün ook richtig stief von eworren, dat ick in düssen Slitz eslaapen hebbe“, vorrtelle dei Harrgottssöhneken un recke sick düchtig. „Opp’n Koppe bün ick ook reineweg tau strubbelig.“ Hei kämme sick dei Fäuhlers.
    Dei Fleije maake fief Kniebeugen un loope en paarmal hen un her. Sei marke, dat sei sau naa un naa wedder tau Potte keim.
    Midden Maale awer worre sei wat Wunnerlichet jewahr. Dei Bredder von’n Fautbodden worren von dei Sunne ümmer warmer, un ein Kaugummi, wat all siet ewige Tieten in den Slitz lagg, slaug rutsch dei Oogen opp.
    „Kiek, Harrgottssöhneken“, tuustere dei Fleije vorrdattert, „dat Kaugummi fänget aan tau leeben!“
    „Aah!“ kriesche dei Harrgottssöhneken un hoole sick mit dei Beine dei Oogen tau: „Tau Hülpe! Wat glöbest de, is dat tücksch?
    „Ick glöbe doche“, antwööre dei Fleije. Un sü, dei oopig Oogen von dat Kaugummi waren rot un gruulig aantaukieken. Nuu rett et ook noche mit en Knacken sien Muul sparangelwiet oopen un fänge mit grääsige Stimme aan tau brummen.
    „Ick hebbe noch nie nich dei Stimme von en Kaugummi ehööret“, sää dei Fleije bange. „Nee, is dei förchterlich!“
    „Kiek, nuu wasset öhne noche Arme anne Sieten!“, quieke dei Harrgottssöhneken. „Wie gruulig! As eine Mumie!“ Dei Harrgottssöhneken siene swarten Placken worren wittig, sau bange war hei.
    „Laat üsch wegfleijen!“, slaug dei Fleije vorr.
    „Ick kann nich, miene Flöjjels sünd noche sau stief!“, huule dei Harrgotts*söhneken. „Ach, du leiwer Gott! Nuu hat dat Kaugummi ook all Beine ekreegen! Nee, et fritt mick opp!“
    „Ick jeewe Acht opp dick!“, sää dei Fleije mit all öhre Kurasche, ook wenn öhre veier Beine bebbern daan.
    Dat Kaugummi war midden Maale oppestahn, brumme un düüsele opp dei beiden Insekten tau. Saugar ekelige Höörn waren öhne noche opp’n Kopp ewussen un en langen witten Swanz hinnen.
    „Laat mick taufreen!“, kriesche dei Fleije. „Ick bitt!“
    Dat Kaugummi brummele bloots as saun Späukedinges un düüsele nächer.
    Taun Glücke keim in düssen Oogenblicke einder vorbie, trampe opp dat Kaugummi un jung wieer mit dat platte Kaugummi under dei Hacken.
    „Uff, Glück ehat!“, haale dei Fleije deip Atem un dei Harrgottssöhneken drööge sick mit dei Flöjjels dei Traanen aff. Denne turnen sei vorrgnäugt wieer un dei Fräuhjahrssunne schiene opp se daal.


    hoojahnen – gähnen; Harrgottssöhneken – Marienkäfer; tuustern – flüstern; tücksch – bösartig; düüseln – taumeln


    Quelle: www.schoolmester.de
    Autor: Andrus Kivirähk
    Übertragung: Heiko Frese (nordniedersächsisches Platt), Ingo Lorenz (kernostfälisches Platt)


    Hier ein Beispiel in oberharzer Mundart:

    Ich will ower gleich vierwacknamme, doß disser sugenannte „Harzkäse” nischt mit Harzkaas gemän hot. „Echter Harzkäse” un Harzkaas sänn zwä Dinger, die sich net in änn Oten aussprachen lohßen.

    Dos ärschte schtinkt — alle Jammer, un wie dos schtinkt! Dos annere duftet.

    Ihr saht alsu, doß do wull änn Unnerschied gemacht warn muß. Un do mecht ich ahch entschieden drim gebaten hahn. Ich loß meine Landsleit net beleiding un mit jeden Drack iewer änn Lästen schlahn! Oder schprichst du epper in änn Zuhk von Harichsregener un Kaviar? Host racht: bädes kimmt schließlich of das Gleiche naus — Fischäer. Un doch wäß jeder, der ne ahnschtännige Zung hot, wie sichs im disse Dinger verhält. Un dodrmit, gläb ich, hätt ich eich dan Unnerschied zwischen dan beriehmten schtinketen Huhchschtapler, dar sich „echter Harzkäse" nennt, un dann ehrling Harzkaas klar genunk gemacht.


    „Harzkäse", dos is änn Wort, dos all von sich aus ganz gemän klingt, su brät un schmärig. Un warsch härt, dar hält sich de Nos zu un denkt gleich an die muffing Dinger, die do hunnertewäs in klewwerige Kisten verpackt warn un die wie Schmär un Schmant ausänannerlaafen. Wenn ower der Kenner dos Wort Harzkaas ausschpricht, su saht harsch langsen un mit Liewe un Ahndacht: Harzkaas…


    Har hauchts su hin un zieht de Ahngbraun huch. De Nosenfliechel fange ahn ze bewern un ze schnuppern, als eppne äne duftige un ahngenahme Vision kimmt. Dos ganse Gesicht schmunselt, un mr kann richtig sahn, wiene es Wasser in dn Mund zusamme läfft. Ich sah eich — dar Mensch wäß, wosde gut schmeckt!


    Quelle: https://www.heimat-oberharz.de/oberharzer-mundart.html


    Beste Grüße

    Bergmönch
    Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders wird; aber soviel kann ich sagen: es muss anders werden, wenn es gut werden soll. (Lichtenberg)

  5. Danke von:

    Andreas (07.01.2025),gidaso (05.01.2025),huckup (05.01.2025),sanpatricio (05.01.2025),thronerbe (06.01.2025),Trichtex (05.01.2025)

  6. #5
    Schießhauer Avatar von Trichtex
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    Moin!

    Zitat Zitat von huckup Beitrag anzeigen
    Kennst Du wen, der oder die Harzer Platt spricht?
    Aktuell nicht mehr. Mein Kontakt zu jemandem, der das kann, ist vor vielen Jahren abgerissen.

    Liebe Grüße

    Gunther

  7. Danke von:

    huckup (05.01.2025)

  8. #6
    Wasserknecht Avatar von huckup
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    Das ist sehr interessant, lieben Dank! Mit dem Ostfälischen bin ich als Hildesheimerin vertraut. Ich meinte offenbar die Oberharzische Mundart, die mir auch in dem erwähnten Buch begegnet war.

  9. #7
    Moderator Avatar von Bergmönch
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    Beim Barkamt Annerschbarrich wird noch die Oberharzer Mundart aktiv gepflegt:

    https://heimatbund-st-andreasberg.de/

    Die veranstalten auch Treffen bei denen Mundart gesprochen wird.

    Beste Grüße
    Bergmönch
    Geändert von Bergmönch (05.01.2025 um 17:44 Uhr)
    Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders wird; aber soviel kann ich sagen: es muss anders werden, wenn es gut werden soll. (Lichtenberg)

  10. #8
    Moderator Avatar von Bergmönch
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    ... in Goslar wurde übrigens ostfälisch gesprochen. Charakteristisch war dabei ein "braaat getraaatschtes" überndehnen der Vokale. Ich erinnere mich auch, dass das "R" oft gerollt wurde. Die letzten, die Goslärsch gesprochen haben sind vor ca. 50 Jahren ausgestorben.

    Beste Grüße
    Bergmönch
    Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders wird; aber soviel kann ich sagen: es muss anders werden, wenn es gut werden soll. (Lichtenberg)

  11. Danke von:

    gidaso (05.01.2025),huckup (05.01.2025),sanpatricio (05.01.2025)

  12. #9
    Wasserknecht Avatar von huckup
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    Lieber Bergmönch! Tausend Dank für Deine sehr hilfreichen Hinweise. Schade, dass das Goslärsch als lebendige Sprache verloren gegangen ist. Ähnlich ist es der HIldesheimer Variante des ostfälischen Anfang des letzten Jahrhunderts ergangen: "Du oohle Praahlhans un unütte herumdriwer! Wenn Du mehr kanns as praahln un krijailn sau trecke meck mein waagen uten drecke!"

  13. Danke von:

    Bergmönch (05.01.2025),gidaso (06.01.2025)

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